Sep 222012
 

„Drei Blockflöten, Cello und E-Bass: Die Besetzung gibt es doch gar nicht“, würde manch Hochschullehrer sagen. Irrtum: Die Schulmusiker, vor allem diejenigen, die sich mit dem Thema Klassenmusizieren beschäftigen, wissen es besser.

Gespräch zum Thema Klassenmusizieren. Foto: Hufner

Podiumsdiskussion zum Thema im Kleinen Saal der Weimarhalle: Das Klassenmusizieren ist (wieder) salonfähig, sagt Ortwin Nimczik. Aber offenbar verschlafen die Hochschulen nach wie vor vieles, was zu tun wäre. Müssen die Musikschulen hier einspringen – und neben Instrumental-, Ensembleunterricht, ggf. SVA etc. auch schon das Fach Musikpädagogik in den Strukturplan aufnehmen, um die Studierenden entsprechend für die Aufnahmeprüfung vorzubereiten? Das wäre durchaus zu überlegen, findet Winfried Richter (Vorsitzender des VdM).
Aber sollen Musikschulen wirklich eine Aufgabe übernehmen, die eigentlich Job der Ausbildungsinstitute wäre?

Jürgen Terhag: Künstlerischer Anspruch zählt gerade auch in der Arbeit mit Anfängern. Foto: Hufner

Klassenmusizieren bedeutet: „Elementarisierung“. Ist gleich: Beethovens Neunte auf dem Glockenspiel – mit 35 Schülern? So ähnlich jedenfalls…

Aber, so das Grundstatement Jürgen Terhags: Je mehr wir uns als Pädagogen im Laien- und Anfängerbereicht bewegen, desto höher wird der künstlerische Anspruch an unsere Arbeit. Ein Super-Chor klingt auch gut, wenn der Dirigent nichts taugt, aber die Gesangsklasse in der Grundschule? Terhag bringt die „Instanz des imaginären Publikums“ ins Spiel: Alles, was – auch im Klassenmusizieren – produziert wird, sollte diesem Publikum gefallen. So, wie Ina Schuchardt-Groth eingangs erklärt hat: Klassenmusizieren ist (auch) wichtig, damit die Eltern nach dem Schulkonzert nicht nach Hause gehen und sagen: „Gott sei dank, es ist vorbei.“
Einwand aus dem Publikum: „Muss denn alles ergebnisorientiert sein, geht es nicht auch um den Prozess?“ Die Frage bleibt offen, wie andere, die hier höchst engagiert und kompetent diskutiert werden.

Beeindruckend die junge Schulmusikstudentin Hanna Frei, kurz vor dem Examen, die noch Antworten auf Fragen sucht, die zurückschreckt vor einem Elementarisieren, das dem authentischen Werk nicht gerecht wird, die sich fragt: Was bringen wir den Schülern bei, damit sie fürs Leben lernen? Ihr Schlusswort ist ein Plädoyer: Dass die Studierenden künftig angehalten und verpflichtet werden, sich während ihres Studiums mit all diesen Fragen auseinanderzusetzen. Aber das passiert nicht.

Die Frage bleibt: Warum nicht? Daran ist zu arbeiten, darin sind sich die Diskutanten einig. Kompetenz und Engagement auf dem Podium wie im Publikum jedenfalls lassen hoffen.

 

Sep 222012
 

Eine äußerst unterhaltsame Präsentation des Bildungs- und Gehirnforschers Manfred Spitzer, der mit der Leo-Kestenberg-Medaille geehrt wird, eine kulturpolitische Aktion des „Jungen Forum Musikunterricht“ am Goethe-Schiller-Denkmal und die Verleihung des VDS-Medienpreises 2012 – heute im Blogvideo des dritten Tages vom Bundeskongress Musikunterricht in Weimar.

 

Sep 222012
 

Ein Kongress ist ja nichts ohne Party. Und so strömten zahlreiche Teilnehmer in das Kongresszentrum der Weimar-Halle, einige mussten sogar draußen bleiben – wegen Überfüllung.

Drinnen gab es Essen und Musik und viele Gespräche.

Play

Man muss sagen: Beeindruckend, was dort in so kurzer Zeit erarbeitet worden ist und beeindruckend die Freude, die aus den Sängerinnen und Sängern strahlte. Funkensprühendes Musizieren.

Sep 212012
 

Untersuchung des „Containerlieds“ der Toten Hosen. Foto: Haack

Die Toten Hosen haben das „Containerlied“ im Repertoire, das vom Erfrierungstod eines Penners erzählt. Von Metallica stammt das Lied „One“, in dem ein aus dem Krieg heimgekehrter Soldat, der von einer Landmine verletzt wurde und dabei Augenlicht, Hörsinn, Arme, Beine und damit auch seine Seele verliert, nur noch bittet: „Cut this life off from me!“ Und der österreichische Rockstar Falco hat – so kann man es zumindest interpretieren – seine Todessehnsüchte in „Out of the Dark“ verarbeitet, dem mega-erfolgreichen Song, der erst nach dem Tod des Sängers erschien. Kann man solche Musik mit solchen Stoffen in der 8. oder 9. Klasse bearbeiten? Ja, sagen Ursel Lindner und Markus Böhm und führen verschiedene Herangehensweisen vor – über das Selber-Musikmachen, über eine musikalische Analyse, über den Videoclip oder Textarbeit.
Das ist spannend. Dass aus dem Publikum dennoch die Frage kommt: „Wie können Sie so was machen?“, erstaunt. Als ob die Schüler nicht sowieso ständig mit dieser Art von Musik ebenso konfrontiert wären wie mit Schreckensmeldungen über Krieg, Verwundung, Tod, Armut etc. in aller Welt. Es geht eher darum, die oberflächliche, gar gleichgültige Umgangsweise damit durch eine Sensibilisierung zu ersetzen. „Wie entlassen Sie die Schüler am Ende der Stunde? Wie stimmen Sie sie wieder fröhlich?“ lautet eine andere Frage. „Gar nicht“, heißt die Antwort. Eine Betroffenheit darf auch mal aus dem Unterricht mit hinausgenommen werden.

Markus Böhm: „Metallica“ im Musikunterricht. Foto: Haack

Ich erinnere mich: In meinem Musikunterricht wurden einmal die „Bilder einer Ausstellung“ im Original der Version von Emerson, Lake & Palmer gegenüber gestellt. Mit einer gerümpften Nase der Musiklehrerin bei der Cover-Version. Damit hatte sie ihre Schuldigkeit getan, weitere Ausflüge in die Popmusik gab es nicht. Da hat sich doch einiges getan. Jürgen Terhag hatte wohl recht…

Sep 212012
 

Es geht um den Medienpreis des VDS. Und es startet mit akustischer Musik von „Crepes Sucette“ aus Weimar. Violine und Giarre. Dann aber doch der Link zu Software, Medienproduktionen (Audio und Video) samt Internet. Unter den Preisträgern auch zwei Tiere! Ja, lieber Spitzer, sogar gezeichnete Tiere: Eine Maus und ein Elefant – nämlich die von der Sendung mit der Maus und der Sendung mit dem Elefanten.

Preisträger des Medienpreises und die Laudatoren. Foto: Hufner

Preisträger des Medienpreises und die Laudatoren. Foto: Hufner

Gefallen hat der Jury, wie hier interkulturelle Bildung Teil auch der musikalischen Bildung ist. Maßgeblich für die Preisvergabe waren nicht die Lieder, die in den Sendungen gesungen werden, sondern die Darstellung von Musik im Leben. Wie geht zum Beispiel Beatboxing? Ein anderer Hauptpreis ging an das Medienpaket „Live-Arragement“ des Schott-Verlages. Den letzten bekam das Funkkolleg „Musik – Sinfonie des Lebens“ beim hessischen Rundfunk. «mehr dazu»

Sep 212012
 

„Die Leute wissen gar nicht, wie gut der Musikunterricht heute ist. Das ist nicht mehr das, was unsere Generation noch in Erinnerung hat.“ Jürgen Terhag, seit gestern Ex-Vorsitzender und neuer Ehrenvorsitzender des AfS, lässt mir den Stein vom Herzen fallen, der dort seit meinem eigenen Schulmusikunterricht ruhte. Aber eigentlich weiß ich das natürlich schon, weil ich seit langem musikpädagogische Veranstaltungen begleiten darf. – Jürgen Terhag also bringt die gute Nachricht. Sein Nachfolger Michael Papst-Krüger hat die schlechten im Gepäck.

Kogressbild. Foto: Haack

Kogressbild. Foto: Haack

Neben dem – immer wiederholenswerten – Bekannten, unter anderem dies (was ich noch nicht wusste): Nicht Lehrermangel ist der Grund für die vielen ausfallenden Musikstunden in der Schule. Vielmehr werden auch ausgebildete Schulmusiker nur noch wenig (oder gar nicht) im Fach Musik eingesetzt, sondern verstärkt in ihrem zweiten Fach – oder (und das kann ich wirklich nicht glauben!) – fachfremd. Was das nicht gerade das Problem des Musikunterrichts? Jetzt unterrichtet also der Musiklehrer Mathematik, der Sportlehrer Musik und der Mathematiklehrer? Wahrscheinlich Mathematik (ist ja ein MINT-Fach).
Na ja, es gab auch noch eine schöne Botschaft – beim Empfang des Weimarer Oberbürgermeisters: VDS und AfS arbeiten intensiv an der Fusion. Das wussten wir natürlich schon, aber es wurde noch nie so schön untermauert wie hier vom VDS-Vorsitzenden Ortwin Nimczik, der – bezugnehmend auf das Schillerzimmer im wunderschönen Weimarer Rathaus ein Zitat des Wahl-Weimarers aus der „Huldigung der Künste“ benutzte: „Denn aus der Kräfte schön vereintem Streben ergibt sich wirkend erst das wahre Leben.“ Das „wahre Leben“ meint in diesem Fall: die „große Bühne“ für das Thema Schulmusik. Nach meinen ersten Kongresseindrücken finde ich: Man ist hier auf einem guten Weg.

Sep 212012
 
Dirigiert das Gehirn. Spitzer. Foto: Hufner

Dirigiert das Gehirn. Spitzer. Foto: Hufner

Nachdem gestern dem Hirnforscher Manfred Spitzer die Leo-Kestenberg-Medaille des Verbandes Deutscher Schulmusiker verliehen wurde, hatte er heute die Möglichkeit, in einem Vortrag über die Frage „Warum Musikunterricht?“ zu sinnieren. Er tat dies im restlos gefüllten Palais der Hochschule für Musik. Die Zuhörerinnen und Zuhörer begaben sich dabei auf eine Rallye durch Hirn un Körper. Imn Zerntrum Fragen der Selbstkontrolle und Willenskraft. Spitzer konnte doch mit einigen überraschenden Erkenntnissen aufwarten. Hatte man sich lange Zeit auf Studien zum sogenannten Mozarteffekt kapriziert, ging er heute die Sache von einer anderen Seite an.

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Sep 212012
 

Eine Podiumsdiskussion mit dem Thüringischen Kultusminister Christoph Matschie zum Kongressthema „Bildung – Musik – Kultur. Zukunft gemeinsam gestalten“, die Eröffnung des „Jungen Forum Musikunterricht“, das sich speziell mit den Anliegen angehender und sehr junger Musikpädagogen beschäftigt, die Preisverleihung des VDS-Schülerwettbewerbs „teamwork! neue musik erfinden“ und das Preisträgerkonzert des 11. Bundeswettbewerbs „Schulpraktisches Klavierspiel“ – alles das im Video von Tag zwei des Bundeskongress‘ Musikunterricht von VDS und AfS in Weimar.

 

Sep 202012
 
Podiumsdiskussion in Weimar: „Bildung – Musik - Kultur - Zukunft gemeinsam gestalten“

Auf dem Podium in Weimar (v.li.): Matthias Pannes (VdM), Ulrike Liedtke (DMR), Christoph Matschie (Thüringer Kultusminister), Jürgen Terhag (AfS) und Ortwin Nimczik (VDS). Foto: Kolb

„Bildung – Musik – Kultur – Zukunft gemeinsam gestalten“, so hieß die erste große Diskussionsrunde am zweiten Tag des Bundeskongresses Musikunterricht in Weimar. Beinahe hätte sie auch nach einem bekannten Festival Neuer Musik in Stuttgart benannt werden können, das Wert auf den Èclat legt. Denn von Gemeinsamkeit war zunächst wenig zu spüren, fühlten sich doch die Vertreter der beiden großen Schulmusikverbände vom Deutschen Musikrat düpiert.

Trotz angeblicher Zusage von Musikratspräsident Martin Maria Krüger durften sie den am 14. September 2012 verabschiedeten 4. Appell des Deutschen Musikrates, der schon fix-fertig gelayoutet vorlag, nicht drucken und auf ihrem ersten gemeinsamen – und deshalb historischen – Kongress vorstellen. Die Mehrheit der 16 Landesmusikräte hatte gegen eine Veröffentlichung gestimmt. Man wollte sich wohl nicht die PR-Butter vom Brot nehmen lassen, sondern sie für die Mitgliederversammlung am 18. und 19.Oktober aufsparen.

Eine Ohrfeige für Deutschlands versammelte Musikpädagogen, die was das Thema Föderalismus angeht, sowieso gebrannte Kinder sind. Denn wie schwierig die Arbeit eines bundespolitischen Fachverbands sich darstellt, wenn die Bildung und Schule Ländersache sind, ist bekannt.

Zurück zur Podiumsdiskussion„Bildung – Musik – Kultur – Zukunft gemeinsam gestalten“. Kultusminister Christoph Matschie war gekommen – trotz gegenteiliger Befürchtungen des Blog-Autors in seinem gestrigen Beitrag – und er hatte nicht nur Wort gehalten, sondern überzeugte durch ehrliche Beiträge zu den angesprochenen kritischen Themen in Fragen der Ausbildung, der Schulzeitverdichtung, der Rolle der musikalischen Bildung im Freistaat Thüringen. «mehr dazu»

Sep 202012
 
SchuMu-Bigband der Hochschule für Musik Franz Liszt. Foto: Kolb

SchuMu-Bigband der Hochschule für Musik Franz Liszt. Foto: Kolb

Der Schulmusiker steht für gewöhnlich stärker im Mittelpunkt des Gemeinde- und Stadtlebens als etwa Vertreter anderer Fachrichtungen: Denn er ist qua Amt keine Fachfrau, kein Fachmann, sondern Allrounder im besten Sinne. Dies demonstrierten auch die Mitglieder der SchuMu-Bigband der Hochschule für Musik Franz Liszt mit ihrem swingenden Programm zum bunten Abend des ersten Kongresstages. Viele von ihnen spielen mehrere Instrumente, sind Universalisten und bleiben dabei dennoch swingende Individualisten. Egal ob Latin Grooves wie bei Chick Coreas Klassiker „Spain“, ob Mintzers „Slow Funk“-Rhythmen oder dem Bebop-UpTempo-Stück in Lester Youngs „Lester Leeps In“, die Weimarer SchuMu-Bigband unter der Leitung von Gero Schmidt-Oberländer wurde jeder Stilistik gerecht. «mehr dazu»